Dienstag, 6. März 2012

Eine Hommage an Michael Hipp (1863-1920)

Ein sehr schönes altes Betzinger Familienbild zusammen mit einem wundervollen Text erhielten wir von Eberhardt Weiblen aus Freiburg. Vielen herzlichen Dank dafür.

















Eine Hommage an Michael Hipp (1863-1920)

Michael – wer? So kann man wohl fragen, denn wer kennt denn heute noch diesen längst verstorbenen ehemaligen Weber und Fabrikarbeiter aus Betzingen?

Nach dem Tod meiner Mutter Ruth Weiblen geb. Nedele (1914-2012), einer Enkelin von Michael Hipp, kam die Fotografie der Familien Hipp – Schlotterbeck – Sauer, aufgenommen ca. Mitte der Achtziger im 19. Jahrhundert, in meinen Besitz. Und da sitzt Michael Hipp als junger Mann neben seiner Mutter – unscheinbar und bescheiden.

Dieses Bild ließ mich nachdenken über einen Mann, der als „Hippe-Ähne“ in unserer Familie eine besondere Rolle gespielt hat, und das, obwohl er nicht blutsverwandt mit dieser Familie ist….

Zunächst zum Bild selber:

Stehend von links:

- Reinhold Sauer, Ehemann der vor ihm sitzenden „Amm“ Sauer geb. Hipp

- Christine Hipp (in Tracht)

- Daniel Hipp

Sitzend von links:

- „Amm“ Sauer geb. Hipp

- Ahne Maria Hipp geb. Schlotterbeck, Mutter der Kinder Christine, Daniel, „Amm“ und Michael

- Michael Hipp

Warum also eine Hommage an Michael Hipp?

Als Michael Hipp 1892 unsere „Urahne“ Elisabethe geb. Schmid (1866-1950) heiratete, eine junge Frau aus Würtingen, wusste er, dass seine Frau eine uneheliche Tochter hatte. Er war damit einverstanden: Sie durfte ihre Helene (1890-1979), die zunächst bei den Großeltern auf der Alb gelebt hatte, mit in die Ehe bringen!

Das ist auf dem Hintergrund der Moralvorstellungen jener Zeit erwähnenswert, denn war ein uneheliches Kind damals nicht eine „Schande“?

Er akzeptierte jedoch die kleine Helene gerne und gab ihr seinen Namen, adoptierte sie also. Er wurde auf diese Weise für alle in der Familie der „Hippe-Ähne“.

Es wird von ihm berichtet, dass er sich als guter Vater um Helene gekümmert hat, die ihn dafür auch liebte. Das hat sie uns Urenkeln häufig erzählt. Auch die Kinder von Helene, also unserer Großmutter, erlebten (zum Teil) noch den „Hippe-Ähne“ und haben ihre guten Erinnerungen an den warmherzigen und liebevollen Großvater, ihren Kindern, also an uns, die Urenkelgeneration, weiter erzählt.

Er baute für seine kleine Familie ein eingeschossiges Haus in der Zeppelinstraße 4 mit zwei Zimmern und einer Küche, einem Ziegenstall und einem in das Haus integrierten Schopf.

Erwies sich Michael Hipp also in der Beziehung zu seiner Adoptivtochter Helene schon als bemerkenswert offen und tolerant, so muss man ihm eine weitere Aufnahme in seine Familie ebenfalls außerordentlich hoch anrechnen: Es war der kleine Otto Schmid (1903-1982), das uneheliche Kind einer Schwester seiner Frau Elisabethe, den er ebenfalls in seine Familie aufnahm. Otto durfte nämlich nicht mit seiner leiblichen Mutter in deren neu gegründete Familie ziehen, nachdem sie sich mit einem gutbürgerlichen Beamten verheiratet hatte.

Otto verbrachte also in der Zeppelinstraße 4, unter dem Dach des „Hippe-Ähne“ (so nannte auch Otto ihn), seiner Tante Elisabeth und seiner Cousine Helene seine Kindheit und Jugend. Er war sehr begabt und durfte deshalb studieren – er wurde Lehrer. Man fragt sich unwillkürlich, wie sich das die einfachen Leute – Michael hat als Fabrikarbeiter bei Egelhaaf sicher keine Reichtümer erworben – leisten konnten! Da war Sparen sicher groß geschrieben!

Otto Schmid hat zeitlebens Betzingen und die Familie in der Zeppelinstraße als seine Heimat betrachtet. Obwohl er als Lehrer und später als Rektor an vielen Orten des Landes tätig war, ließ er sich, zusammen mit seiner Frau, in Betzingen beerdigen.

Michael Hipps Adoptivtochter Helene heiratete Eugen Nedele, der das Haus Zeppelinstraße 4 für seine Familie mit den drei Kindern aufstockte. Das Familienhaus bekam damals seine heutige Gestalt.

Michael Hipps Ziehsohn Otto Schmid heiratete Sophie, in dieser Familie wuchsen sechs Buben heran.

Und für alle ist Michael Hipp wohl nicht der blutsverwandte „Ahnherr“, jedoch der außerordentliche „Hippe-Ähne des Herzens“.


02.03.12

Eberhardt Weiblen (Urenkel)

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank Ihnen, Herr Früh, für Ihre tolle Website!
    Und vielen Dank meinem Vater Eberhardt Weiblen dafür, dass er sich die Zeit nimmt, unsere Familiengeschichte(n) aufzuschreiben! Kommende Generationen werden es ihm danken.
    Christina Weiblen

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